Drucker des Henricus Ariminensis (Georg Reyser) (Straßburg, Offizin 5)
1471-1479
Beschreibung
Namensgebender Druck ist GW12193
Es ist umstritten, ob es sich bei der als "Drucker des Henricus Ariminensis"
geführten Offizin tatsächlich nur um eine Werkstatt handelt. Die Zusammenstellung der
Drucke geht zurück auf Proctor (Nr 300-338), der jedoch bereits darauf hinweist, dass
die Drucke zwar einige Gemeinsamkeiten aufweisen (v.a. die verwendeten Papiersorten),
aber nicht notwendig aus ein und derselben Werkstatt stammen müssen. Zweifel an der
Zuschreibung des gesamten Korpus an nur eine Werkstatt äußert auch der BMC (BMC I xxv,
71). Unklar ist weiterhin, ob der Betreiber der Offizin bzw. der Offizinen, wie von Ohly
angenommen, mit dem später in Würzburg tätigen Drucker Georg Reyser (Würzburg, Offizin 1), der
zwischen 1471 und 1479 archivalisch in Straßburg belegt ist, identifiziert werden kann.
Nach Ohly wurde die Ariminensis-Offizin durch Georg Reyser gemeinsam mit seinem Bruder
Michael, der ab 1482 in Eichstätt druckte (vgl. Michael Reyser (Eichstätt, Offizin 1)), geführt.
Seine Argumentation gründet Ohly u.a. auf die Ähnlichkeit von Type 2:93G mit der entsprechenden Type Michael Reysers, Type 2:90G bei Michael Reyser (Eichstätt, Offizin 1).
Dagegen nimmt Needham im Auktionskatalog Christie's Doheny Nr 19 an, dass die
Drucke in Type 1:120G mit Heinrich Eggestein (Straßburg, Offizin 3) in Verbindung zu
bringen sind, da zu mehreren Ausgaben gedruckte Registra in Eggesteins Typen existieren
und in M19226 die Ariminensis-Type gemeinsam mit Eggesteins
Type 4:99G bei Heinrich Eggestein (Straßburg, Offizin 3) benutzt wird. Bei Haebler ist die erste Ariminensis-Type
daher auch als Type 6:120G bei Heinrich Eggestein (Straßburg, Offizin 3) verzeichnet. Für die Drucke in Type 2:93G ist ebenfalls kein sicherer Bezug zu Reyser nachweisbar. Nach
Needham repräsentieren die drei verschiedenen "Ariminensis-Typen" vermutlich drei
voneinander unabhängige Werkstätten, von denen lediglich die mit Type 4:88G arbeitende Druckerei (möglicherweise) in Zusammenhang mit
Georg Reyser zu bringen ist.
Schanze weist zudem auf einige Drucke in einer leicht abgewandelten Form von
Type 4:88G hin, die aus der Zeit 1479-1482 stammen und daher aus
chronologischen Gründen nicht von den Georg oder Michael Reyser gedruckt worden sein
können. Diese Drucke schreibt Schanze einer weiteren anonymen Offizin zu, für die er den
Notnamen Drucker des Breviarium Ratisponense (GW 5433) (Georgius de Spira) (Straßburg) einführt.
Die von Haebler als Type 3:102G wird inzwischen nicht mehr mit
dem Corpus der Ariminensis-Drucke in Zusammenhang gebracht, sondern Heinrich Knoblochtzer (Straßburg, Offizin 8) zugesprochen und ist dort als Type 2:102G bei Heinrich Knoblochtzer (Straßburg, Offizin 8)
verzeichnet, vgl. BMC I S. 76.
Die Hinweise auf eine Datierung der Offizin bzw. der Drucke in Type 1:120G vor 1474 sind ebenfalls umstritten:
a) Zum Rubrikationsvermerk "1468" im Exemplar Toronto UL M32472
(Petrus Lombardus: Sententiarum libri IV) vgl. Pollard: Rubricated date, mit Faksimile des Eintrags. Lt. Needham widerspricht dieses Datum der Datierung
der verwendeten Papiere (vgl. Needham: Gutenberg and the Catholicon Press S. 406-408 u.
Nr 36). Needham nimmt einen Schreibfehler (statt 1478) an, der bei der Datierung in
arabischen Ziffern allerdings eher ungewöhnlich wäre.
b) Eine handschriftliche Datierung auf 1471 im Exemplar Wien NB von GW02925 (Augustinus, Aurelius: De trinitate) ist lt. CIBN A-720 ebenfalls
wegen der verwendeten Papiersorten zweifelhaft (vgl. dazu auch Gerardy: Gallizian,
Tabelle S. 22). CIBN nimmt wg. der Chronologie der Papiere eine Datierung 1473-1474
an.
c) Zu einem handschriftlichen Kaufvermerk von 1471 in einem der Exemplare Oxford
Bodl von GW06542 (Chaimis, Bartholomaeus de:
Confessionale) vgl. Bod-Inc B-076.
Diese Ausgabe druckt ein Lobgedicht auf das Werk nach, das aus der am 29.IX.1474 in
Mailand erschienenen Ausgabe GW06540 stammt und explizit
Christoph Valdarfer als Drucker nennt. Sofern nicht von einer verlorenen Ausgabe
Valdarfers aus der Zeit vor 1471 ausgegangen wird, in dieses Verskolophon erstmal
erschienen wäre, kann GW06542 - entgegen der Datierung des
Kaufvermerks - erst nach dem 29.IX.1474 erschienen sein.
Die frühesten unumstrittenen Datierungen sind die Rubrizierungsvermerke aus dem
Jahr 1474 in den Exemplaren Uppsala UB und Passau SB von GW02925.
Übersichten der im GW nachgewiesenen Drucke
Die hier verlinkten Listen werden aus den aktuellen Daten des Gesamtkatalog der Wiegendrucke erzeugt
und geben eine Übersicht über die dort nachgewiesenen Typen und Initialen. Die Generierung kann einige Zeit (bis zu 1 Min.) in Anspruch nehmen.
TNT - Type Network Tool
Das Type Network Tool visualisiert die gemeinsame Verwendung von Typen als Netzwerkdiagramm.
Typen
Type | TW-ID | M/Qu | Nutzungszeit | Beschreibung | GfT |
---|---|---|---|---|---|
1:120G | ma05006 | M13 (Gotico-Antiqua) | 1473-1479 |
Vgl. Type 2:120G bei Michael Greyff (Reutlingen, Offizin 1/3)
|
GfT 1640 |
2:93G | ma05007 | M3 (Gotico-Antiqua) | 1474-1478 |
G rund Größere der sogenannten "typi Reyseriani" Vgl. Type 2:90G bei Michael Reyser (Eichstätt, Offizin 1) |
GfT 266 |
3:102G | ma07181 | M13 (Gotico-Antiqua) |
Zu streichen! Ist Type 2:102G bei Heinrich Knoblochtzer (Straßburg, Offizin 8) |
||
4:88G | ma07182 | M3 (Gotico-Antiqua) | 1474-1479 |
Mit zweierlei Min. G normal Kleinere der sogenannten "typi Reyseriani" Schanze: kurzes stumpfes t, keine Doppelformen von I, S und -ꝯ [?]: aber in Inc 2168: L. III, Bl. [a3a]: zwei - ꝯus Formen |
GfT 59 |
Rubrikzeichen
Rubr. | TW-ID | Form | Nutzungszeit | Beschreibung | GfT |
---|---|---|---|---|---|
α | ma07183 | normale Form |
weiß breit, Spitzen mittel, obere etwas aufgestülpt |
||
β | ma07184 | besondere Form |
¶, unten offen, Spitzen aufgestülpt |
Personen, die mit dieser Offizin in Verbindung stehen
Reyser, GeorgLiteratur
- Proctor I 300- 338.
- Pollard, Alfred W.: A rubricated date 1468 for the Printer of Henricus Ariminensis. In: The Library N.S.8(1907) S. 311-314.
- BMC I xxv, 71.
- Ohly, Kurt: Georg Reysers Wirken in Strassburg und Würzburg. In: Gutenberg-Jahrbuch 1956 S. 121-140.
- Gerardy, Theo: Gallizianimarke, Krone und Turm als Wasserzeichen in großformatigen Frühdrucken. In: Gutenberg-Jahrbuch 1971 S. 11-23.
- Schanze, Frieder: Der Drucker des Breviarium Ratiponense (Georgius de Spira). In: Gutenberg-Jahrbuch 69(1994) S. 67-77.
- Needham, Paul: Johann Gutenberg and the Catholicon Press. In: Papers of the Bibliographical Society of America 76(1982) S. 395-456, hier v.a. 406-408.
- The Estelle Doheny Collection from The Edward Laurence Doheny Memorial Library, St. John’s Seminary, Camarillo, California. Cat. Christie’s New York. Bd 1. New York 1987 S. 71 Nr 19.